Füreinander

zurück in die freiheit

Die Greifvogelstation Haßloch hat einen staatlichen Auftrag: wilde Vögel aufzunehmen und sie wieder fit für ihren natürlichen Lebensraum zu machen. Es geht um Ausgewöhnung statt Eingliederung. Wenn sich die Gäste an den Menschen gewöhnen, ist alles schiefgelaufen.

Text: Thomas Tritsch
Fotos: Kai Mehn
Foto: Kai Mehn

Eine Physiotherapie für den Falken – das gibt es. Ein Bussi für den Bussard eher selten. „Ich streichle hier nicht den ganzen Tag irgendwelche niedlichen Eulen-Babys“, sagt Leiter Maik Heublein. Der gelernte Schreiner besetzt eine halbe Stelle, doch der Job nimmt ihn rund um die Uhr in Anspruch. Zehn bis 14 Stunden Arbeit sind während der Jungvogelzeit normal. Das Telefon klingelt manchmal schon zu nachtschlafender Zeit. In der Region hat es der 42-jährige Vogelexperte, Herr über mehr als 300 gefiederte Patienten, bereits zu einer gewissen Prominenz gebracht. Dabei wollte er eigentlich nur seinen Jagdschein machen, um legal an Wildfleisch zu kommen. Dann sah er im Fernsehen einen Bericht über die Vogel-Reha des örtlichen Naturschutzbundes (NABU). Noch in der gleichen Nacht flitzte eine lange E-Mail Richtung Haßloch. Dann ging alles ganz schnell: Die Stelle wurde frei und Heublein gab dem Naturschutz sein Ja-Wort. Das war im April 2019. Seither kümmert er sich leidenschaftlich um verletzte, geschwächte oder kranke Wildvögel jeden Alters, die gerade in der kalten Jahreszeit draußen kaum eine Überlebenschance hätten. Manchmal dauert es nur wenige Wochen, häufig aber mehrere Monate oder gar ein halbes Jahr, bis ein pflegebedürftiges Tier wieder in die Freiheit segeln kann. Ein Daueraufenthalt ist nicht vorgesehen. Man versteht sich als Notfallklinik für angeschlagene Flugräuber und nicht als kuschelige Pension für einen vergitterten Lebensabend. „Wildtiere wollen und müssen raus, alles andere ist Quälerei“, sagt der Stationsleiter. Auf dem rund 3.000 Quadratmeter großen Areal mit 19 Einzelvolieren, zwei großen Flugvolieren und einer Quarantänestation ist alles da, um die Kundschaft bestens zu versorgen. Darunter sind Turmfalken und Mäusebussarde, Habichte und Uhus, Fischadler, Sperber und Waldkäuzchen. Und viele mehr.

Großer Aufwand, wenig Budget

Sie sind aus dem Nest gefallen oder finden keine Nahrung, haben sich in freier Wildbahn verletzt oder sind mit der menschlichen Zivilisation kollidiert. Der Großteil der Tiere, die in Haßloch ankommen, hat schmerzhafte Begegnungen mit Autos, Zügen, Fensterscheiben oder Stromleitungen hinter sich. Auch Windkraftanlagen sind ein Problem, so Maik Heublein, der das Dilemma zur Genüge kennt: die Propeller als Option für nachhaltige Energiegewinnung und gleichzeitig als Bedrohung für den Artenschutz. Vor allem der Rotmilan sei betroffen. „Etwa acht von zehn Tieren, die uns gebracht werden, wurden durch Rotoren verletzt“, sagt der ausgebildete Falkner, der es außerdem mit Knochenbrüchen, Gehirnerschütterungen oder Vergiftungen zu tun hat. Die Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Tierarzt in Bad Dürkheim funktioniert tadellos. Da werden gebrochene Flügel mit Stahlstiften repariert und passende Medikamente verabreicht. Danach folgen Physiotherapie und regelmäßiges Dehnen von Muskulatur und Bändern. Damit es bald wieder hoch hinaus gehen kann. …

Foto: Kai Mehn

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