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Simonas (WEIN)WELT Folge 8

Simona Maier ist Winzermeisterin mit eigener kleiner Manufaktur am Heiligenstein in Mühlhausen und arbeitet als Kellermeisterin beim Heidelberger Weingut Clauer. Zwei Jahre durften wir sie durch ihr Leben begleiten. Mit dieser Folge endet ihre Kolumne.

Liebe Weinfreunde, Sie dürfen sich schon jetzt aufs nächste Jahr freuen! Denn der 2020er Jahrgang verspricht ein guter zu werden. Wir hatten dieses Jahr viel Wetterglück. Während der Lese blieb es trocken, sodass sich keine Fäulnis auf den Beeren bilden konnte. Wir haben zu hundert Prozent gesundes Traubengut geerntet. Allerdings stellen uns die steigenden Temperaturen vor neue Herausforderungen: Während wir früher nacheinander die frühen, mittleren und späten Sorten geerntet haben, reift mittlerweile alles zeitiger, schlagartig und gleichzeitig – eine Auswirkung des Klimawandels. Auch in diesem Sommer begann die Lese früh und war entsprechend früh beendet. Zwar waren manche Kerne und Beerenhäute noch nicht ganz ausgereift, doch der Zuckergehalt war schon so hoch, dass wir ernten mussten. Sonst wären später die Alkoholgehalte durch die Decke gegangen. Daher haben wir die Trauben sehr schonend gepresst, damit keine Bitterstoffe in den Wein gelangen.

In diesen Wochen des Jahres arbeite ich hauptsächlich da, wo ich am liebsten bin: im Weinkeller. In meiner eigenen Manufaktur mache ich nach zwei Jahren wieder einen Chardonnay sowie einen grasigen Sauvignon blanc mit exotischen Aromen. Und natürlich die klassischen Burgundersorten. Apropos Burgunder: Beim Weingut Clauer sind wir megastolz auf unseren Erfolg bei Meiningers Rotweinpreis 2020. Unser 2018er Frühburgunder hat bei der Prämierung 91 Punkte erhalten. 91! Die 90 zu erreichen ist verdammt schwer, umso schöner finden wir, dass auch unser Clauer Nr.1 des Jahrgangs 2018 diese Marke geknackt hat. Ich arbeite gern mit dem Frühburgunder, auch wenn er eine Diva ist: zickig und schwierig. Der Name sagt es schon: Er wird früh reif (immer früher, siehe oben) und ist ein wenig filigraner und eleganter als sein Bruder, der Spätburgunder. Sicher kein Wein für den Massengeschmack, aber einer, der die Kellermeisterin aus ihrem Alltagstrott reißt. Mit dem kann man experimentieren und die Erfahrung später in andere Weine einbringen. Wie ein Rennwagen, in dem Sachen getestet werden, die später in normalen Autos verbaut werden. Zum (vorerst) letzten Mal mache ich bei Clauer einen Gewürztraminer, denn von diesen Reben mussten wir uns nun leider trennen. Sie sind zu alt. Zwar sind „alte Reben“ ein Qualitätsmerkmal, doch bei über 40 Jahre alten Weinstöcken geht der Ertrag immer mehr zurück, so dass wir den Weinberg nun gerodet haben. Nach der Neubepflanzung dauert es erst einmal vier bis fünf Jahre bis zur ersten Lese.

In der Vermarktung fehlen uns Winzern – die zweite Welle der Conora-Pandemie lässt es nicht zu – auf nicht absehbare Zeit die Weinfeste und ein Teil der Umsätze aus der Gastronomie. Wir sind dabei, neue Märkte zu erschließen, doch das geht nicht über Nacht. Was ich mir wünsche ist, dass es keine Preisschlacht gibt! Was ich mir noch wünsche? Zunächst einmal, dass Ihnen meine Kolumnen ebenso viel Spaß gemacht haben wie mir. Es war eine tolle Gelegenheit, Ihnen auf witzige Art das Thema Wein näher zu bringen und Sie an meinem Leben teilhaben zu lassen. Es ist ja auch richtig viel passiert, seit aus Simon Simona geworden ist: Ich war Weinprinzessin im Kraichgau und bin immer noch badische Weinprinzessin (eine bereichernde Erfahrung, auch wenn ich die Verlängerung der Amtszeit um ein Jahr nicht gebraucht hätte), ich habe einen tollen Job beim Weingut Clauer und kann mich mit eigenen Projekten verwirklichen. Ich bin Gemeinderätin in Mühlhausen geworden und habe dort den ersten „Dorfpride“ mitorganisiert. Bis zum Lockdown im März ist die Zeit wie im Flug vergangen und es war vielleicht ganz gut, dass in diesem Jahr alles etwas langsamer ging. Auch wenn mir ab und zu mal eine Reise nach Berlin oder Hamburg und die eine oder andere Party fehlt!

Das Transgender-Thema rückt übrigens immer mehr in den Hintergrund – wie ich von meinem Umfeld wahrgenommen werde und auch bei mir selbst. Und das ist auch gut so. Denn dadurch kann ich mich auf das konzentrieren, was ich am besten kann: Wein machen. Natürlich werde ich mich weiter für die LGBTQ-Community einsetzen und bei CSDs auftreten, genauso wie ich meine kommunalpolitische Arbeit in Mühlhausen fortsetzen will. Wir sind nämlich eine coole Truppe in der Grünen-Fraktion. Aber mit der „Transgender-Winzerin“ muss es auch mal gut sein. Ich bin Winzerin und fertig. Dass ich da auf einem guten Weg bin, hat mir gerade eine Medien-Anfrage gezeigt. Ich soll ein Interview geben und das Thema der Reportage ist schlicht und einfach: Frauen in Männerberufen. Punkt. Nichts weiter.

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